Friedensmission der UdSSR während des Großen Vaterländischen Krieges und gegenwärtige Kulturdiplomatie

15:50 25.04.2023 • Viktor Olewitsch , Journalist, Politologe

Der Große Vaterländische Krieg hinterließ seine Spuren im historischen Gedächtnis aller Völker der Ex-Sowjetunion, aller Teilnehmerstaaten der Gemeinschaft unabhängiger Staaten, Vertreter verschiedener Ethnien und Konfessionen, der Bürger in den Staaten mit unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnungen. Das Streben, die Erinnerung an die Ereignisse der Kriegszeit, an die heldenhaften Anstrengungen des sowjetischen Volkes, die im Ergebnis zum großen Sieg gebracht haben, stößt in den letzten Jahren auf den aktiven Widerstand der westlichen Revisionisten, die es anstreben, die Geschichte gemäß den laufenden antirussischen ideologischen Festlegungen neu zu schreiben. Die Position westlicher Revisionisten findet recht oft das positive Echo und die Unterstützung unter den Vertretern in den Staaten der Ex-Republiken der Sowjetunion, in den Staaten der Ostgruppe.

Strebten die ehemaligen Verbündeten der Antihitlerkoalition während des kalten Krieges zwischen der Sowjetunion und den USA an, die Rolle der Sowjetunion im Sieg über den Nazismus herunter zu spielen und selbst sich als die wichtigsten Teilnehmer des Sieges zu profilieren, scheuen sie im heutigen historischen Diskurs nicht, die Sowjetunion mit dem nazistischen Deutschland offen gleich zu stellen, die Befreiungsmission der Roten Armee wird als Eroberung dargestellt. In vielen Staaten ist die Verwendung der sowjetischen Symbole gesetzlich verboten, die Denkmäler für sowjetische Befreier werden zerstört und im gesellschaftlichen Bewusstsein wird zwischen der sowjetischen Staatsordnung und dem Nazismus das Gleichheitszeichen bewusst gestellt. In Sinne der tendenziösen antirussischen Interpretation der Entwicklungen der Kriegszeit werden die Lehrbücher und die populäre Literatur im großen Umfang herausgegeben, werden Filme und Fernsehserien gedreht.

Die Träger der Kampagne der Geschichtsfälschung verfolgen einige Ziele. Erstens streben sie an, die Erinnerung an die Schlüsselrolle der Ex-Sowjetunion im Sieg über dem Faschismus zu nullifizieren, die Rolle der westlichen Alliierten schön zu färben. Somit wird Russland der Status des Siegers, der das Rückgrat der deutschen Kriegsmaschinerie gebrochen hat und bis an Berlin und Wien gekommen ist, verweigert. Die positive Rolle unseres Landes in den internationalen Prozessen des 20. Jahrhunderts wird verworfen. Zweitens, wenn westliche Revisionisten die Sowjetunion und das nazistische Deutschland gleichstellen, entziehen sie dem Beitrag der Völker der
Ex-UdSSR zum Sieg im Großen Vaterländischen Krieg die legitime Grundlage und erweitern zugleich den Spielraum, der zwischen unseren Völkern und Staaten einen Riss ziehen soll. Aus dem Opfer der deutschen Aggression wird die Sowjetunion in die Gruppe der Aggressoren überführt.

Zugleich wird die Politik betrieben, die das Ziel verfolgt, die Formierungen der Kollaborateure, die an der Seite der „Achseländer“ gekämpft hatten, für normal zu erklären und zu heroisieren. Dank den modernen Revisionisten, werden die Kollaborateure, die mit den Okkupanten während des Krieges zusammengearbeitet hatten, aus den Verrätern in die Kämpfer für Freiheit und Unabhängigkeit umgewandelt. Die Bewahrung der Erinnerung an die Heldentaten sowjetischer Menschen während des Großen Vaterländischen Krieges erfordert gemeinsame Leistungen der Staatsstrukturen und Vertreter der Zivilgesellschaft, um den Versuchen Abfuhr zu erteilen, die Geschichte zu fälschen und zugleich die objektive Sicht der Ereignisse der Kriegszeit voranzubringen.

Darüber spricht der russische Präsident oft und viel. Diesem Thema werden mehrere Konferenzen und Foren gewidmet, zu diesem Thema erscheinen Artikel und andere Materialien in der russischen und ausländischen Presse. Nichtsdestotrotz muss man offen zugeben, können wir noch nicht sagen, dass es große Erfolge in der Verbreitung der historischen Wahrheit insbesondere nach außen, im Westen und in anderen Regionen der Welt gäbe. Es wäre leicht, alle diese Probleme auf den neuen kalten Krieg, auf die komplizierte internationale Lage abzuwälzen, jedoch ist es nicht das einzige Problem. Man muss nach neuen Ansätzen suchen.

Es gibt eine gewisse Analogie. Denken wir daran, dass als die Sowjetunion den ersten Sputnik 1957 in dem All geschossen hat, als der erste Kosmonaut Yuri Gagarin 1961 geflogen war, war es der Höhepunkt des kalten Krieges. Die Beziehungen zwischen dem Westen und der Sowjetunion waren kaum schlechter als heute. Jedoch war Yuri Gagarin Held für alle: in Paris wurde er auf den Händen getragen, in London wurde er von der Queen Elisabeth II. in Buckingham Palace empfangen.

Das Verhältnis zum sowjetischen Beitrag zur Weltraumforschung hat sich etwas später verändert, als die Amerikaner im Wettlauf im Weltall die Sowjetunion überholt haben. Es ist für die Menschen überhaupt innewohnend, die Vergangenheit durch das Prisma der Gegenwart zu betrachten. Hätte Russland neue große Leistungen, hätte es die Amerikaner im Weltall wieder überholt, würde dann wieder an Y.Gagarin und G.Titow und die erste Kosmonautin im Weltall Valentina Tereschkowa erinnert. Ähnlich können wir auch die Situation mit der Interpretation der Ereignisse der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges betrachten. Um die Leistungen der UdSSR im Krieg einzuschätzen, müssen Vertreter anderer Völker und Kulturen das gegenwärtige Russland heute und das historische Russland als Friedensstifter bewerten. Dafür gibt es alle Anlagen. Russland kann wesentlich mehr für die Verbreitung der Informationen über seine friedensstiftende Rolle tun.

Gegenwärtig gibt es beispielsweise kein Museum der Friedensstiftung und der humanitären Aktivitäten Russland, das der Zeit adäquat wäre. Es gibt das Museum der UNO-Friedensmissionen. Es liegt zwei Stunden Fahrt von Moskau entfernt, in Solnetschnogorsk. Das ganze Museum hat die Fläche 100 m2. Es wurde in den 1990er Jahren gegründet. Für den Besuch muss man sich vorher anmelden. Die Ausländer besuchen es äußerst selten. Insgesamt wiederspiegelt es nur die friedensstiftenden Erfahrungen im UN-Rahmen. Unterdessen haben wir viele gute Militärmuseen, in denen man sich mit den Kämpfen, der Kriegsgeschichte, den Waffensystemen vertraut machen kann.

Das ist auch richtig, aber russische Friedensmission und humanitäre Aktivitäten laufen nicht allein darauf hinaus, darunter auch die Aktivitäten während des Krieges. Das Museum der Friedensstiftung und der humanitären Aktivitäten könnte solche Themen beinhalten wie Haagener Übereinkommen, das auf der Konferenz bereits von dem russischen Kaiser Nikolai II. unterstützt wurde. Die Worte „Haagener Übereinkommen“ kennen praktisch jeder Soldat und Offizier in Frankreich und Großbritannien, in Amerika, Kanada, Deutschland. Nur einige wenige wissen, was hinter der Veranstaltung der Konferenzen 1899 und 1907 steht. Darüber muss man auch reden.

Man muss auch immer wieder die konsequenten Bemühungen der UdSSR zur Verhinderung des Zweiten Weltkrieges ins Gedächtnis rufen. Man muss über die Transporte der Bürger in die entlegenen Gebiete der UdSSR während des Krieges, über die Tätigkeit der sowjetischen Militäradministration in Deutschland berichten, die auf den Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg gerichtet wurde, über die Organisation des friedlichen Lebens deutscher Bürger, über die Befreiung der Häftlinge aus NS-Konzentrationslagern, über die Organisation und die Mitwirkung am Nürnberger Tribunal berichten. Man kann und muss auch über die aktive Rolle Moskaus bei der Unterstützung der antikolonialen Bewegung sprechen, der Krieg für die Befreiung Osteuropas ist ja auch eine Form des antikolonialen Kampfes, eine Form des Kampfes gegen das deutsche Joch.

Es gilt, die Aufmerksamkeit auf den Friedensaktivitäten der Sowjetunion und Russlands auf anderen Kontinenten, in anderen Regionen zu konzentrieren: die Erarbeitung und die Unterzeichnung der Deklaration von Taschkent 1966, die Initiative Moskaus für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Indien und Pakistan nach dem Krieg 1965. Darüber wird heute wenig gesprochen. Denken wir an die Mitwirkung an den UNO-Missionen im Nahen Osten noch in den Sowjetzeiten, etwa in Sudan, Kongo und anderen afrikanischen Staaten, die humanitären friedensstiftenden Aspekte des Unternehmens in Syrien.

Die Pandemie geht einmal zu Ende. Ausländische Touristen kommen wieder nach Russland. Es gibt noch keinen Platz, wo der T-34-Panzer, „Katyuschas“ oder die Landkarte der Kämpfe gezeigt werden und über die russische Friedenspolitik, die humanitären Aktivitäten und im vorrevolutionären Russland, in der UdSSR und dem heutigen Russland berichtet werde. So ein Museum gibt noch nicht.

Die Bildung solchen Museums wäre ein positives Signal und hätte unsere Kulturdiplomatie, die Kulturpolitik effizienter machen können.

Es gibt auch andere Vorschläge. Die Bildung einer Struktur etwa wie der amerikanische Friedenskorps, der unter dem Präsident Kennedy gegründet wurde. Über 240 000 Teilnehmer haben da mitgemacht, jährlich beteiligten sich daran 7000 Volontäre.

Was wird unter diesem Programm verstanden? Bauarbeiter, Bergungsmannschaften, Lehrer, Ingenieure u.a.m. kommen in andere Länder, um zu helfen. Das wurde übrigens auch in der Sowjetzeit praktiziert, allerdings nicht von den Volontären. Wenn die Amerikaner im Ausland tätig sind, verbreiten sie ihre Werte, ihre Sicht der Geschichte, ihre soziale Problematik. Das ist sehr effizient.

Daher gilt es, die Bewegung russischer Volontäre im Ausland zu verbreiten, ihre Teilnehmer können eine Art Botschafter in anderen Ländern werden. Das bedeutet nicht, dass die Wahrnehmung Russlands in der Geschichte grundsätzlich und sofort verändert wird, jedoch werden gewisse Ansätze vor dem Hintergrund der Kommunikation der Menschen mit Ausländern, durch ihre Berichte, Erläuterungen, gewisse Emotionen entstehen.

Das sehen wir auch am Beispiel der Entsendung der Armeevirusologen nach Italien – NATO-Mitglied – ein Teilnehmer der Sanktionspolitik gegen Russland. Nichtsdestotrotz entsendet Russland in den kritischen Situationen ungeachtet dieser Faktoren die Menschen, die helfen können, wobei klar ist, dass die Politik in Rom dadurch nicht sofort geändert wird. Jedoch können dort durchaus Menschen erscheinen, darunter auch Vertreter der heutigen oder der künftigen politischen Klasse, der Zivilgesellschaft, die diese Hilfe nicht vergessen und Russland anders betrachten werden.

Deshalb muss die Einstellung zu den russischen, sowjetischen Erfahrungen während des Großen Vaterländischen Krieges im Kontext der generellen Friedensaktivitäten betrachtet werden. Das wird ein großes Plus sein.

 

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